Als Flingeraner ist man es ja durchaus gewohnt, im Viertel dem ein oder anderen Prominenten über den Weg zu laufen. Aber einem echten Oscar-Preisträger? Ja, auch das kommt vor – allerdings geht es in diesem Fall um den deutschen Krimi-Oscar, den Friedrich-Glauser-Preis. Horst Eckert, der Mann, der diese wichtige Auszeichnung erhalten hat (und noch ein paar Preise mehr), kommt regelmäßig nach Flingern. Eigentlich nur zum Fußball spielen, aber für flingern.net machte Eckert eine Ausnahme, vor dem Training verabreden wir uns im Café Beethoven auf einen Kaffee.

Und Eckert, den eine Zeitung einmal den „harten Amerikaner“ unter den deutschen Autoren nannte, ist ganz anders als man sich einen Autor vielleicht vorstellen würde, in dessen Büchern zugreifende Polizei-Stories erzählt, heftig intrigiert, bestochen und gemordet wird (meist in Düsseldorf). Horst Eckert ist ein ruhiger, sehr entspannt wirkender Mann, höflich und zurückhaltend. Wenn er spricht, dann mit Bedacht.

Schnell sind wir mitten in der Diskussion über den Verlauf seines neuesten Buchs. Zehn hat er schon im Grafit-Verlag veröffentlicht, dazu mehrere Kurzgeschichten, nun grübelt er über den Schluss von Roman Nummer elf. „Vier Fünftel sind fertig, es ist mein wohl politischstes Stück“, erzählt er. Schon 2002 hatte er ein kleineres politisches Scharmützel, als er in der Geschichte „Wege zum Ruhm“ den im Rheinland bekanntlich recht verbreiteten Klüngel aufs Korn nahm, Anlass waren die Ereignisse rund um Bau und Betrieb der LTU-Arena. Die Erzählung sorgte damals für einen waschechten Skandal: Das Büro des damaligen Düsseldorfer Oberbürgermeisters Joachim Erwin verbot eine seit Wochen geplante Premierenlesung in der Stadtbücherei. Kollegen, Politiker und Lokalprominenz solidarisierten sich mit Eckert. Sofort wurden Ersatzlesungen organisiert, etwa in Manes Meckenstocks „Haus der Freude.“ Horst Eckert damals zu den Vorfällen: „Sämtliche Figuren und – in dieser Zuspitzung – auch die Handlung sind frei erfunden. Düsseldorf ist überall.“

Irgendwie seien seine Krimis immer kritischer geworden, sagt Eckert heute. Und das macht es kompliziert. Er wollte unbedingt den Aspekt der Finanzkrise drin haben, hat viel recherchiert  – und dann, als er eigentlich schon alle Figuren eingeführt hatte, gemerkt, dass er noch einmal von vorn beginnen muss. Auch die Akteure sind diesmal andere, ein Bundestagsabgeordneter, den eine alte Liebe nach Düsseldorf führt und ziemlich aus dem Konzept bringt, bildet nur einen Strang der Handlung.

Auch Eckert kennt die Hauptstadt. Geboren wurde er in Weiden in der Oberpfalz, studiert hat er zunächst in Erlangen und dann in Berlin. Hier lernte er das Leben aus den verschiedensten Perspektiven kennen: Er war Bierschlepper in einer Diskothek, Fahrstuhlführer bei Hertie, Redaktionshospitant beim ZDF. Nach seinem Uni-Abschluss als Diplompolitologe arbeitete Eckert als Journalist und so landete er mit Frau und Katze in Düsseldorf. Seit 1987 wohnt er hier, und das gern.

„Okay, ich wohne in Bilk, aber Flingern wäre auch eine Option gewesen“, sagt Eckert, mehr der Zufall wollte es wohl so. Nach Oberkassel wäre er aber niemals gezogen. Bevor aus Eckert der Krimiautor wurde, recherchierte er etwa fürs ZDF, für die Tagesschau-Redaktion in Köln oder den Reporterpool für politische Themen auf VOX. „Damals wurden noch komplexere Stücke gewünscht“, sagt Eckert, der auch aus Eritrea und Kambodscha berichtete. „Ich hatte damals schon begonnen, Kriminalromane zu schreiben, wahrscheinlich unbewusst an einer neuen Karriere gebastelt“, grinst Eckert. Hauptberuflich arbeitete er weiterhin als Journalist, lange für das RTL Nachtjournal, „aber das wurde immer mehr Boulvard“. 1995 erschien sein erster Roman, „Annas Erbe“, bereits sein dritter Krimi „Aufgeputscht“ wurde mit dem begehrten Marlowe-Preis ausgezeichnet, der endgültige Durchbruch gelang ihm 2000 mit Die Zwillingsfalle (Glauser-Preis). 2001 wagte Eckert den Sprung – vom Journalisten zum Krimischreiber, seit 2004 kann er von seinem Beruf auch leben.

Und immer ist seine Wahlheimat, die Eckert einmal einen „Hort der Korruption und Gewalt, ein schöner Ort zum Leben“ betitelte, Schauplatz für seine kriminellen Fantasien. In seinem Erstlingswerk „Annas Erbe“ dreht sich alles um den rätselhaften Tod einer früheren Hausbesetzerin, die Ende der 60er Jahre ermordet wurde. Der vermeintliche Täter landete damals hinter Gittern, wo er unverhältnismäßig verblieb. Nun, nur eine Woche nach seiner Entlassung aus der Haft wird er gefunden – tot und in sechs Teilen auf einer Mülldeponie. In „Bittere Delikatessen“ wird ein Düsseldorfer Feinkostkönig niedergestochen, in „Aufgeputscht“, für den Eckert 1997 mit dem „Marlowe“ der „Raymond-Chandler-Gesellschaft“ ausgezeichnet wurde, zeichnet er das Bild einer nicht ganz vorbildlichen Polizisten-Truppe. Schon zwei Jahre später erscheint „Finstere Seelen“, hier scheucht ein Triebtäter Hauptkommissar Benedikt Engel und seine junge Kollegin Ela Bach von der Mordkommission durch die Stadt. Aber es sind nicht immer die härteren Stories um die Mitglieder des KK11 der Düsseldorfer Polizei, schon in „Purpurland“ verlegte er die Handlung, Soldaten im Afghanistan-Einsatz spielen eine wichtige Rolle in diesem Krimi, die er raffiniert mit Machenschaften am Rhein verknüpft. Besonders „Königsallee“, erschienen 2007, ist ein echter Düsseldorf-Krimi, geht es hier um Kunstdiebstähle und einen Oberbürgermeister, dem der Investor für ein prestigeträchtiges Bauvorhaben abhanden kommt und dieser überlegt, einem russischen Milliardär den Zuschlag zu erteilen. Sein aktuelles Buch „Sprengkraft“ versucht den Sprung zwischen Polizeiroman und Politthriller. Während Martin Zander und Anna Winkler einen alten Mordfall wieder aufnehmen, bereiten Islamisten einen Anschlag vor und eine rechte Partei schürt den Hass. Und dann geht eine Bombe hoch….

Okay, in dem neuen, noch namenlosen Stück wird es also zwischen Berlin und Düsseldorf um Wirtschaftkrisen und Finanzspielchen gehen, vielleicht schreibt er dann mal einen echten Flingern-Krimi? „Ackerstraße“ könnte der heißen, es würde um Fußball gehen und um Luxusappartements und um…. Vorschläge willkommen!

UPDATE: 18. April: Für seinen neuen Thriller erhält Horst Eckert das diesjährige Arbeitsstipendium Literatur der Landeshauptstadt Düsseldorf. Bereits die Anfangskapitel des Manuskripts haben den Literaturbeirat und Kulturausschuss der Stadt wohl überzeugt. Der Roman, der voraussichtlich im Herbst bei Grafit erscheinen wird, trägt den Arbeitstitel „Im Schatten der Sonne“, handelt zu großen Teilen in Düsseldorf und wird Eckerts elfter Kriminalroman sein.