Auf der Birkenstraße tut sich was – leider nicht nur Gutes. Ein bißchen nach dem Motto, „zwei Schritte vor, einer zurück“ schließen und eröffnen hier Friseure, Künstler-Treffpunkte und Läden. Und dazwischen hält sich wacker allerlei Obskures und Bodenständiges.

Nein, der Kinderbuchladen zählt einfach doppelt. Seine Schließung wirft die „schäl Sick“, also das Flingern östlich der Dorotheenstraße, an das aufstrebende Pflaster rund um Flur-, Linden- und Hoffeldstraße, um mindestens zwei Schritte zurück. Dabei kann man hier, auf der Birkenstraße, nicht gerade von einer Einholjagd sprechen. Es ist vielmehr ein mühsames Anpirschen nach dem Motto zwei vor, einer zurück – und manchmal, so scheint es, ist es leider umgekehrt.

Acker- und Herrmannstraße haben es ja schon vor einiger Zeit geschafft, die Dorotheen-Hürde zu nehmen. Was haben sie, was die Birkenstraße nicht hat? Vielleicht muss man die Frage anders stellen, um drauf zu kommen.
Vielleicht so: Wovon hat die Birkenstraße nicht genug? Das will ich mal „Szene-Läden“ nennen. Gut, da sind „Der Weinladen“, „Tausendschön-Filz“, die sensationelle „Wilde Heimat“ oder mit „Aldenhoff Jewellers“ ein relativ unspießiger Juwelier, der sich jetzt auch ich mit einem oder einer Zeichner(-in) lustiger Comic-mäßiger Bilder zusammen getan hat. Ein paar guten Kneipen gibt es auch, wie die Nachbar oder das plan be. Dann haben zeitgleich mit der Pleite des Kinderbuchladens der Künstlerclub Onomato und ein Fachhändler für italienische Leckereien „Contanido Di Cuore“ aufgemacht. Wettmachen können sie den Verlust von Katharina Czaja und ihren Kulleraugen-Kunden in Begleitung nicht – ok, sagt eine Kinder-Haberin und vor allem regelmäßig zu Kindergeburtstagen Eingeladene.

Aber das ist es nicht – allein.

Die Sache ist doch die: In diesen Laden sind Leute gekommen. Weil er was hatte, was sie brauchten. Und weil die Macherin und ihre Mitarbeiter ihre Besucher immer mit einem offenen Ohr und guter Laune empfingen. Der kleine Abstecher von Acker- oder Herrmannstraße war’s also immer wert. Und, ich kann nicht für den Künstlerverein sprechen, weil ich kein Künstler bin. Immerhin gibt’s offensichtlich gelegentliche Termine, zu denen sich zwei, drei Dutzend Künstler dort einfinden. Aber im italienischen Fachhandel hab ich außer dem Verkäufer noch nie jemanden gesehen. Mag sein, dass er mehr zu bieten hat als die Barilla-Nudeln, mit denen er seinen Verkaufsraum dekoriert, Leben bringt er keines auf die Birkenstraße. Vielleicht liegt es an den überteuerten Preisen für mittel-rare Ware. Sorry, aber damit holen „wir“, ja ich oute mich als Birkenstraßlerin, nicht auf!

Da hilft die „Headlounge“, in der sich selbst abends um halb zehn noch Teens, Twens und auch die eine oder andere kostenbewusste Frau über 50 die Haare schneiden lassen, mehr.

Und damit stellt sich die Frage „Was haben die, was wir nicht haben?“ nochmal anders: Wovon hat die Birkenstraße zu viel? Das sind wohl die Billig-Läden. Ich kenne mich ehrlich gesagt nicht allzu sehr mit der Geschichte der Birkenstraße aus, aber ich tippe mal auf Wohnbezirk für Arbeiter und Arbeitslose. Und so gibt’s hier eine Menge Billig-Sammelläden von Kick bis zum ECO-Markt, in denen Lederimitat-Schuhe, Kinderroller, die garantiert kein halbes Jahr halten, und Wasserkocher nebeneinander im Schaufenster stehen. Dazu kommen obskure Fronten von Anno-Tuck, hinter denen womöglich, aber nichts Genaues weiß man nicht, auch Geschäfte stecken, wie zum Beispiel hinter dem verhangenen Schaufenster von „Vogt & Kamp“, einem ehemaligen oder bestehenden Bestattungsunternehmen, das selbst ein bisschen leblos daher kommt.

Doch bevor man die strukturelle Chancenlosigkeit, jemals die Ziellinie Ackerstraße zu erreichen, beklagt, sei angemerkt: es geht ja in ganz Flingern seit Jahren um Strukturwandel und der kostet bekanntlich Zeit und macht eine Menge Mühe – selbst auf der „guten Seite“ ist ja einiges in Bewegung´- und: Die Birkenstraße hat auch was Gesundes, Solides irgendwie. Sei es der Rehatechnik-Markt, der Apple-Händler, der beste Öko-Bäcker in Düsseldorf, Bakkes, und mit der Übernahme durch Michaela Molls seit Neuestem auch eine Apotheke, die Saturn-Apotheke, die standardmäßig Weleda-Produkte führt. Bodenständige Läden, vielleicht ein bisschen uncool, aber mit festem Kundenstamm und einem Angebot, das nachgefragt wird. Da, muss man sagen, bin ich bei einigen Experimenten auf der Ackerstraße, noch sehr gespannt.

Vielleicht ist die Birkenstraße auch einfach ein bisschen anders ist als die Herrmann-, Linden- und Flurstraßen dieser Flingern-Welt und man tut ihr daher damit unrecht, sie so hinterher hecheln zu sehen. Vielleicht sind es ja gar keine zwei Schritte vor und dann der eine zurück, was hier passiert, sondern geht die Reise auf der Birkenstraße ja ganz woanders hin? Ich weiß es nicht, aber, hey, es ist März, mit Sonne sieht’s hier schon wieder viel besser aus – und gestern hat sogar Vogt& Kamp – der Laden „lebt“ also – seine Fenster geputzt!                          

(jenne)